FORSCHUNG - Erstellen des 3D-Modells aus Bildern


Das 3D-Modell der Düwelsteene wurde erstellt, indem Fotos (durch eine digitale Spiegelreflexkamera von Nikon) des Megalithgrabs aus allen möglichen Richtungen und Winkeln aufgenommen wurden. Diese Fotos wurden auch photogrammetrisch entzerrt, um etwaige geometrische Verzerrungen in den Bildern zu korrigieren. Die Bilder wurden dann berechnet und zur Erstellung eines dreidimensionalen Netzes in der Software Agisoft Metashape verwendet. 


Da es sich um ein großes archäologisches Monument handelt und das Grabmal in hoher Qualität digitalisiert werden sollte, wurden nicht nur viele Bilder vom Grabmal selbst gemacht, sondern auch jeder einzelne Stein aus allen möglichen Positionen erfasst. So wurden Hunderte von Bildern des Grabes und jedes einzelnen Megalithen aufgenommen, wobei sichergestellt wurde, dass sich die Bilder überschneiden. Dies ist notwendig, weil aus diesen sich überlappenden Teilen der nebeneinander aufgenommenen Fotos die Bilder zusammengefügt und charakteristische Strukturen erkannt werden können, was zu einer pixelgenauen Struktur führt.  


SFM Sloopsteene, LWL AKO L.Klinke

Structure from Motion im Rahmen der Digitalisierung der Großen Sloopsteene (Bild: LWL-Altertumskommission für Westfalen/Klinke)


Die Photogrammetrie-Software, in diesem Fall Agisoft Metashape, ermöglicht die Bestimmung von Aufnahmepositionen und Objektstrukturen durch die Analyse optischer Verschiebungen, wie Kanten, Bruchflächen oder Risslinien, auf Grundlage der verglichenen, eingefügten Fotos. Nach der Verarbeitung werden die ersten Berechnungsergebnisse in Form einer rudimentären Punktwolke, technisch als "Sparse Cloud" bezeichnet, visualisiert. 

Ein weiterer algorithmischer Schritt transformiert diese Sparse Cloud in eine dichtere Punktwolke, die "Dense Cloud". Bei dieser Berechnung werden alle Einzelbilder einer Tiefenfilterung unterzogen, um zusätzliche Messpunkte zwischen die vorhandenen Punkte der Sparse Cloud einzufügen. Dabei wird nicht einfach interpoliert, sondern es werden auch Reliefveränderungen zwischen den Messpunkten der Sparse Cloud berücksichtigt, um eine höhere Genauigkeit zu gewährleisten. Die resultierenden Dense Clouds spiegeln den aktuellen Stand der maximalen Vermessungsgenauigkeit wider und sind vergleichbar mit den Datenergebnissen terrestrischer Laserscanner. Ein Vorteil ist, dass jeder Messpunkt in der Dense Cloud bereits einen Farbwert hat, im Gegensatz zu Laserscans, die meist zusätzliche Farbinformationen aus ergänzenden Fotos benötigen. 

Im anschließenden Prozessschritt werden die photogrammetrisch ermittelten Messpunkte trianguliert. Dabei werden immer drei Messpunkte miteinander verbunden, so dass dreieckige Flächen entstehen. In der Regel werden die räumlich nächstgelegenen Punkte verwendet, um eine optimale Genauigkeit zu gewährleisten. Die so entstandenen Dreiecksflächen können für weitere Triangulationen modifiziert werden, die vor allem dazu dienen, Lücken in den Punktwolken zu schließen. Dieses Triangulationsverfahren führt zu einem so genannten "Mesh"-Modell, das den visuellen Charakter eines dreidimensionalen Drahtmodells hat. 

In einem abschließenden Berechnungsschritt wird eine Textur, ähnlich einer Hülle, über das Mesh-Modell gelegt. Dadurch erhält das 3D-Modell sein fotorealistisches Aussehen. Die zugrundeliegende Textur stammt aus den photogrammetrisch korrigierten Einzelfotos aus dem ersten Verarbeitungsschritt. Im Gegensatz zu reinen Formdaten, die nur die Morphologie und das Relief darstellen, integriert diese Textur zusätzliche visuelle Informationen wie Farbnuancen, Lichtreflexe und Schattenverläufe, die während der Dokumentationsphase erfasst wurden.

Der Arbeitsablauf für die Digitalisierung der Megalithgräber wurde von der Altertumskommission für Westfalen für alle bereits digitalisierten Megalithgräber, wie z. B. die Großen Sloopsteene, angewendet. Jede Einheit (ein einzelner Megalith oder eine kleine Gruppe von Megalithen, die direkt nebeneinander liegen) wird fotografiert. Diese einzelnen Einheiten werden dann separat in die Computersoftware Agisoft Metashape eingegeben und in eine grobe 3D-Punktwolke umgewandelt. Sobald eine Einheit digitalisiert und in eine grobe Punktwolke umgewandelt worden ist, wird die nächste Einheit (der nächste benachbarte Megalith) in die Software eingegeben. Mit jedem hinzugefügten Megalith wird das gesamte Megalithgrab schrittweise in eine Punktwolke umgewandelt (Klinke 2021). 

Nachdem die gesamte grobe Punktwolke erstellt wurde, wird mit Metashape eine dichte Punktwolke berechnet und erstellt, die dann in ein 3D-Mesh mit einer zusätzlichen fotorealistischen Textur umgewandelt wird. Die Punktwolke der Düwelsteene besteht aus über 378 Millionen Messpunkten. Mit diesem hochwertigen und hochauflösenden 3D-Modell sind die Düwelsteene in einer Qualität digitalisiert, die bei der Denkmalpflege helfen und eine eventuelle Bewegung oder minimale Zerstörung des Megalithgrabs in der Zukunft veranschaulichen kann, da es durch bildbasierte Modellierung präzise vermessen wurde.


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Quellen und weiterführende Literatur: